Biomasse als Chance

Unter Biomasse versteht man organische Masse pflanzlicher oder tierischer Herkunft. Hierzu zählen Pflanzen wie Mais, Raps, Wildpflanzen oder Holz, Bioabfälle und andere organische Rückstände wie zum Beispiel Gülle oder landwirtschaftliche Nebenprodukte wie Stroh und andere Agrarreststoffe.  

Die Rohstoffe und deren energetische Nutzungsmöglichkeiten sind vielfältig. Sie kann Energie als fester, flüssiger oder gasförmiger Energieträger bereitstellen. Bioenergie kann in sämtlichen energierelevanten Bereichen zum Einsatz kommen – als Kraftstoff im Verkehr oder zur Erzeugung von Strom oder Wärme, sowohl für Privathaushalte als auch Prozesswärme⁠ für die Industrie. 

„Die jeweils eingesetzte Option hängt u. a. von den Eigenschaften des Rohstoffes ab. Holzartige Biomasse beispielsweise ist für eine Verbrennung und damit zur Wärmebereitstellung gut geeignet. Aus sehr wasserhaltiger Biomasse (z. B. Gülle) kann durch anaerobe Gärung Biogas erzeugt werden, das im Allgemeinen wie Erdgas genutzt werden kann. Zucker und stärkehaltige Biomasse (wie Zuckerrüben oder Getreide) kann zu Alkohol vergoren werden, der dann als Kraftstoff einsetzbar ist. Ölhaltige Pflanzen liefern Pflanzenöl, welches sich als Dieselersatz eignet” (Quelle: Deutsches Biomasseforschungszentrum gemeinnützige GmbH

 

Bioenergie und ihre unterschiedlichen Nutzungsformen (Eigene Darstellung) 

Biomasse kann fossile Brennstoffe ersetzen und Treibhausgasemissionen reduzieren. Als nachwachsender Rohstoff ist sie klimaneutral, da bei der Verbrennung nur so viel klimaschädliches CO2 freigesetzt wird, wie während des Wachstums der Pflanze gebunden wurde. Zudem ist der Rohstoff nicht davon abhängig, ob gerade der Wind weht oder die Sonne scheint und zeichnet sich damit durch eine besser planbare Verfügbarkeit aus.  

Benötigt man zur Erreichung der Klimaneutralität die Erneuerbaren Energien zur Wärmeversorgung, zum Beispiel in industriellen Bereich, bietet ein Biomasseheizkraftwerk einen entscheidenden Vorteil: Während klimaneutraler Strom auch von externen Anbietern bezogen werden kann, muss die Wärme (Dampf) für die Produktionsprozesse lokal erzeugt werden, da sich Wärme im Unterschied zu Strom nicht über größere Distanzen transportieren lässt. 

Das Thema Biomasse hat in Bezug auf eine Gesamtstrategie weitere, entscheidende Vorteile: Anders als Photovoltaik oder Windkraft lässt sich die aus Biomasse generierte Energie aktiv steuern. Während Photovoltaik tages-, jahreszeiten- und bewölkungsabhängig ist, lässt sich Biomasse lagern und die benötigte Energie je nach Bedarf dann erzeugen, wenn sie tatsächlich gebraucht wird. Die Forschung zieht dabei auch in Betracht, Biomasseenergie in Form von Wasserstoff zu speichern und diese z. B. im Sektor Mobilität verfügbar zu machen. 

Biomasse ist somit ein Faktor (von vielen), für eine Strategie zum Ausstieg aus fossiler Energie. Dabei ist sich die Forschung heute schon einig, dass je nach Anwendungs- und Bedarfsfall entschieden werden muss, welches die jeweils sinnvollste Lösung ist. So kommt beispielsweise die Studie „Klimaneutrales Deutschland“ aus dem Jahr 2020 (erstellt durch Prognos AG, Öko-Institut e. V., und Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH) zu der Bewertung, dass auf dem Pfad zur deutschen Klimaneutralität „vor allem die Nachfrage nach Bioenergie aus dem Industriesektor [steigt], in dem für einige Anwendungen keine adäquaten Alternativen zur Verfügung stehen.“ 

 

 

Die Europäische Union plant, die seit 2018 bestehende Erneuerbare-Energien-Richtlinie RED II (RED steht für Renewable Energy Directive) zu überarbeiten. Hierdurch soll die Nutzung erneuerbarer Energien gesteigert und zugleich sollen Treibhausgasemissionen verringert werden. Vor dem Hintergrund der immer dringlicher werdenden Transformation für die Erreichung der Klimaziele ist dies ein konsequenter Ansatz. Grundsätzlich müssen nach Entscheidung im EU-Parlament die beschlossenen Richtlinien noch auf nationaler Ebene in den Ländern umgesetzt werden. Im Falle der RED II – Richtlinien ist dies geschehen, und es ist zu erwarten, dass auch die Novellierung RED III nach den noch anstehenden Trilog Verhandlungen zeitnah in die deutschen Verordnungen aufgenommen wird.  

Verschärfte Nachhaltigkeitskriterien für Biomasse-Festbrennstoffe 
Gemäß aktuellem RED-III-Entwurf würde die Nutzung von forstwirtschaftlicher Biomasse nur noch sehr eingeschränkt als nachhaltig bezeichnet werden. Zudem würde der stofflichen Nutzung Vorrang gegenüber der energetischen Verwertung eingeräumt werden. Holz soll damit möglichst werterhaltend genutzt werden, zum Beispiel für den Hausbau oder die Möbelproduktion. Die Verbrennung sollte erst am Ende seiner Nutzungszeit erfolgen. Würden die strikteren Nachhaltigkeitsanforderungen nicht nachweislich erfüllt, gäbe es keine Unterstützung mehr für diese Projekte – finanzielle Förderungen wären ausgeschlossen und sie stellen zudem keine Option mehr dar für die Erfüllung von Pflichten zur Nutzung erneuerbarer Energien.   

Betroffen wären von der Änderung der Richtlinien nicht nur große Kraftwerke, auch mittlere und kleine Kraftwerke wären dann verpflichtet, die strengeren Anforderungen umzusetzen, um weiterhin als “klimaneutral” bezeichnet zu werden.  Derzeit werden zahlreiche Stimmen laut, die etwa die rückwirkende Treibhausgasminderungspflicht von RED III als sehr fragwürdig bezeichnen und auch die Starrheit – besondere regionale Begebenheiten bleiben unberücksichtigt – der neuen Verordnung kritisieren. In den anstehenden Trilog-Verhandlungen zwischen EU-Rat und Parlament hat die deutsche Bundesregierung noch die Möglichkeit entsprechende Korrekturen einzubringen.  

Was bedeutet das für die Planung eines Biomasseheizkraftwerks? 
In ihrer aktuellen Fassung würde die förderfähige und klimaneutrale energetische Nutzung von hölzerner Biomasse so massiv eingeschränkt, dass der Betrieb eines Biomasseheizkraftwerks in der Industrie mit besonderen betrieblichen Anforderungen (etwa bezüglich der Dampftemperaturen) mangels geeigneten Brennstoffs oder aufgrund fehlender Wirtschaftlichkeit nicht dauerhaft möglich wäre. Generell ist die Kategorisierung von Holzqualitäten in der Richtlinie unscharf, da sie viel Raum für Interpretationen bietet. In der Praxis würde etwa die granulare Sortierung der einzelnen Holzarten logistisch einen immensen Aufwand mit sich bringen. Kraftwerkbetreiber brauchen aber für eine langfristige Investitionsentscheidung vor allem eines: Klarheit, Verbindlichkeit und Zukunftssicherheit. 

Im Unterschied zu einem Gas-und-Dampfturbinen-Kraftwerk wird in einem Biomasseheizkraftwerk anstelle von Erdgas feste Biomasse als Brennstoff eingesetzt, beispielsweise Restholz. Die Biomasse wird durch ein Aufgabesystem in die Brennkammer geleitet und dort verbrannt. Mit der daraus entstehenden Wärme wird im Kessel durch das Aufheizen von Wasser Wasserdampf erzeugt und überhitzt. Der auf sehr hohem Druck vorliegende Wasserdampf wird nun in eine Dampfturbine geleitet. Dort wird der Wasserdampf entspannt und treibt so die Turbine an, die wiederum mit einem Generator verbunden ist. An diesem lässt sich der Strom abnehmen. Je nach Anwendungsfall kann Dampf auf unterschiedlichen Druckstufen aus der Dampfturbine entnommen werden und für industrielle Prozesse oder zu Heizzwecken genutzt werden (sog. „Kraft-Wärme-Kopplung“).

 

Quelle: Agentur für Erneuerbare Energien