Klimaneutraler Chemiepark

Energietransformation im Chemiedreieck Bayern

Mehr als fünf Terawattstunden Strom, dazu ein ähnlich hoher Bedarf an Erdgas – mit diesen Jahresverbräuchen zählt das Bayerische Chemiedreieck zu den Spitzenreitern in Bayern.  

Die Transformation hin zur Klimaneutralität ist im ChemDelta bereits in zahlreichen Projekten im Gange. Die dafür notwendigen Maßnahmen ziehen einen steigenden Strombedarf nach sich. Hinzu kommen große Mengen an grünem Wasserstoff, der künftig einen Teil der wegbrechenden fossilen Ressourcen ersetzen soll. Mit welchen Energieströmen und -mengen künftig zu rechnen ist, zeigt jetzt eine unabhängige Studie, die durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird.  

Der Abschlussbericht der Studie „Trans4In – Energietransformation im Chemiedreieck Bayern” wurde am 24.10.2022 vorgestellt. In der Studie werden mit dem “Wasserstoffpfad” und dem “Strompfad” zwei Szenarien betrachtet. Der Wasserstoffpfad unterstreicht den Bedarf für eine zeitnahe Anbindung an das überregionale Wasserstofftransportsystem. Die Stromnetzanschlussleistung verdoppelt bzw. verdreifacht sich je nach Szenario. Die Klimaneutralität wird in beiden Szenarien zu einem großen Anteil durch die energetische und stoffliche Nutzung von Wasserstoff erreicht. 

beiden Szenarien entsteht ein erheblicher Energiemehrbedarf. Dieser begründet sich in der Substitution von energetisch genutzten Koppelprodukten (Nebenprodukte, die bislang bei der stofflichen Nutzung fossiler Ressourcen, z. B. Rohöl, vor Ort anfallen), in einer langfristig weiter steigenden Wirtschaftsleistung sowie in der Umstellung des Produktportfolios auf grüne Produkte. 
 
Die Abbildung zeigt den aggregierten Energieverbrauch des Bilanzraumes zwischen 2019 und 2050 im Wasserstoffpfad (H2) und im Strompfad (EL) 

 

Quelle: Eigene Darstellung aus Trans4In - Energietransformation im Chemiedreieck Bayern

Das Ziel ist klar: Bis 2045 muss der Chemiepark klimaneutral sein. Von 2020 bis 2030 müssen nach deutschem Klimaschutzgesetz die Treibhausgasemissionen im Industriesektor bereits um 37% gesenkt werden. Um diese ambitionierte Aufgabe zu erfüllen, wurden im Rahmen einer Konzeptstudie mit dem Namen „EVERGREEN“ verschiedene Meilensteine erarbeitet, die innerhalb eines straffen Zeitplans realisiert werden müssen.  

Das Biomasseheizkraftwerk ist ein essenzieller Hebel zur Erreichung der Klimaschutzziele im Chemiepark GENDORF. Mit dieser Anlage kann die ISG schon frühzeitig, bereits bis 2026, eine CO2-Einsparung von rund 45 Prozent erreichen. Damit wäre das Zwischenziel des Klimaschutzgesetzes bereits vier Jahre vorab übertroffen. Innerhalb der Branche ginge der Chemiepark hiermit einen innovativen alternativen Weg und nähme einmal mehr eine Vorreiterrolle ein.  

Und dennoch – auch die andere Hälfte der verlangten CO2-Reduktion muss noch erreicht werden. Zusätzliche Bausteine ergänzen den Lösungsmix hin zur vollständigen Klimaneutralität. Ein Expertenteam evaluiert derzeit die verschiedenen Optionen, auch unter dem Aspekt jetziger und zukünftiger Realisierbarkeit. Aktuell stehen vor allem klimaneutral erzeugter Strom, die Erschließung von Niedertemperatur-Abwärme sowie die weitere Steigerung der Energieeffizienz im Chemiepark im Fokus. Auch die Nutzung weiterer regionaler, regenerativer Energiequellen wird eingehend geprüft. Denn nur wenn wir Technologie, gegebene Vorrausetzungen und zukünftige Entwicklungen dezidiert aufeinander abstimmen und abwägen, kann diese Transformation erfolgreich umgesetzt werden.  

 

Abbildung: Strategie zum klimaneutralen Chemiepark 

Um das Ziel der Klimaneutralität im gesteckten Zeitrahmen zu erfüllen, müssen jetzt die Weichen gestellt werden. Denn ob der Chemiepark auch in zehn oder zwanzig Jahren noch florieren wird, hängt entscheidend davon ab, ob die Unternehmen ausreichend klimaneutrale Energie zu wettbewerbsfähigen Preisen zur Verfügung haben werden. 

Das Biomasseheizkraftwerk wäre ein Brückenschlag, der den Chemiepark mit einem großen Schritt der Klimaneutralität näherbringen würde. Anders als bei anderen erneuerbaren Energien, die auf eine überregionale Energieinfrastruktur angewiesen sind, kann dieses Projekt am Standort selber gestemmt werden.  

Die Schlüsselbegriffe in diesem Zusammenhang lauten Unabhängigkeit einerseits und Verantwortung im Umgang mit den regional genutzten Ressourcen andererseits. Denn nur so kann der Standort auf lange Sicht ökonomisch erfolgreich sein, Arbeitsplätze bieten und Lebensqualität zur Verfügung stellen.  

„Wir müssen die klimaneutralen Voraussetzungen schaffen, dass große Chemieunternehmen hier im Chemiedreieck und im Chemiepark bleiben wollen. Es sind 4.000 Arbeitsplätze hier in Gendorf und zusätzlich über 10.000 Arbeitsplätze in der Region, die indirekt von uns abhängen. Es ist uns deshalb ein großes Anliegen, dieses Projekt und andere in dem vorgegeben Zeitrahmen, den uns die Politik setzt, auf den Weg zu bringen. Wir sind optimistisch, dass uns dies auch gelingen wird.” 

Dr. Christoph von Reden, Geschäftsleiter InfraServ Gendorf